index:/love, 1997
École des árts Décoratifs, Strasbourg
Installation for 16mm film on editing table and surveillance camera
The visitor is invited into a video booth to view film clips from commercial pornographic films on an editing table. Sitting in a small, dark room and controlling the editing process by themselves, the viewers are able to find images that interest them by pausing, fast-forwarding or rewinding the frames.
During this process, the viewer is being watched by a surveillance camera, which the visitor only discovers after leaving the supposedly 'private cabin'. This surveillance monitor is placed near the exit of the exhibition.
index:/love
Siegfried Zielinski (German)
In Achim Mohnés Installation index:/love spielt die Spannung zwischen berechnender Ordnung, Grammatik und darunterliegenden Begierden und Ängsten eine große Rolle. Sein archaisches Interface in index:/love ist ein 16mm Filmschneidetisch, den er für die Bildgenerierung in seiner Peepshow-Maschinerie benutzt. In einer endlosen Schleife laufen hier vom Bildschirm abgetastete Fragmente von kommerziellen Pornofilmen. Die Voyeure vor der rohen Bildermaschine geraten in eine Situation permanenter Ent-Täuschung.
Die routinierten Klischees sexueller Animation werden nicht ausgespielt, sondern ständig abgebrochen, aufgerastert, eingefroren oder in panikartige Bewegung versetzt. Zeitweise in parallelen Split-Collagen, zeitweise insertiert, in ihrer Flüchtigkeit aber kaum wahrnehmbar: Facetten aus dem Kontext der Sozialität der Peepshow in der Form eines ›Videobooth‹ - eine Hand, die einen Geldschein in den Automatenschlitz einführt, eine andere, die auf der Auswahltastatur oder den Steuertasten für die Videobänder tippt, Schilder der Bedienungsanleitung. In einer dritten Bildschicht geht die Kamera extrem nahe heran: in pointierten Detailaufnahmen Ausschnitte einer Körperoberfläche - behaarte Hautpartikel, des öfteren eine männliche Brustwarze, offene, blinzelnde, gierige und sich verschließende Augen, Fingeransätze - nicht alles aus dieser Bilderkartei ist definierbar, aber ich verbinde diese Fragmente mit der Großaufnahme des Künstlers als Betrachter, die mehrfach in die unruhigen Bewegungen einmontiert ist, im Gesichtsausdruck changierend zwischen Lust, Erschrecken, Ekel, Angespanntheit... die Zuspitzung einer Peepshow-Apparatur ist indessen nur ein Teil der Installation. In einem separaten Raum werden die Bilder aus der intimen Betrachtungssituation öffentlich. Wie schon bei einigen seiner früheren Arbeiten interessiert Achim Mohné vor allem, wie unterschiedliche Menschen mit seinen konstruierten Bildprovokationen umgehen, was sie in ihren Gesichtern und Gesten und Handlungen hervorrufen. Auf einem kleinen unscheinbaren Fernsehschirm von der Art eines Kontrollmonitors sehen Besucher des separaten Raumes die von einer Videokamera aufgenommenen heimlichen Betrachter in der dunklen Kammer; eine Verdoppelung und zugleich eine Verschiebung der Voyeurs-Positionen, denn die Betrachter in der Peepshow-Apparatur können nie sich selbst beim Sehen zuschauen; dieses Privileg bleibt den Besuchern des Separées vorbehalten. (Kommerzielles) Bildergebot und (moralisches oder staatliches)
Bilderverbot, Tyrannei der Intimität wie der öffentlichen Sphäre, maschinenvermittelter Exhibitionismus wie Voyeurismus - Erkundungen zwischen Lust, Angst und Medien, die mir wie eine prospektive Archäologie des World Wide Web entgegenkommen.
index:/love (EN)
Jens Loenhoff (1998)
The installation ‘index:/love’ is also characterised by the introduction of the physically present observer as an asset of the projects, albeit under the options of the apparatus. The corporeal references become clear here with particular emphasis on the gaze and its presentation. At the centre of this combined film and video is once again the activity of the recipient, who generates images and film excerpts of his choice in a dark chamber at a 16mm film editing table. The components of the retrievable image file - fragments of commercial porn films running in an endless loop - convey a peep show ambience, to which barely identifiable micro-sections of the human body, including those of the artist himself, are available in parallel. Instead of the living body, the viewer's tactile desire only finds the installation's control button, which controls access to what is desired. Using a video surveillance system, the gaze of desire is exported from the intimate viewing situation to a separate monitor and, now isolated from the context, made accessible to the gaze of others. The playful handling of the difference between privacy and publicity, the echoes of exibitionist and voyeuristic perceptual attitudes - similar motifs also characterise the work ‘Limited Exposure’ - determine the concept.
index:/love
Jens Loenhoff (1998)
Die Einführung des körperlich präsenten Beobachters als Aktivposten der Projekte, freilich unter den Optionen der Apparaturen, kennzeichnet auch die Installation „index:/love“. Die corporealen Bezüge werden hier unter besonderer Betonung des Blicks und seiner Vorführung deutlich. Im Zentrum dieser kombinierten Film- und
Videoinstallation steht abermals die Aktivität des Rezipienten, der in einer dunklen Kammer an einem 16mm Filmschneidetisch Bilder und Filmausschnitte seiner Wahl generiert. Die Bestandteile der abrufbaren Bilderkartei – Fragmente kommerzieller Pornofilme, die in einer Endlosschleife laufen – vermitteln ein Peepshow-Ambiente, zu dem parallel kaum identifizierbare Mikroausschnitte des menschlichen Körpers, u.a. auch vom Künstler selbst, verfügbar sind. Das taktile Begehren des Betrachters findet statt des lebendigen Körpers nur den Bedienungsknopf der Installation, mit der der Zugriff aufs Gewünschte gesteuert wird. Anhand einer Videoüberwachungsanlage wird der Blicks des Begehrens aus der intimen Betrachtersituation auf einen separaten Monitor exportiert und, nunmehr aus dem Kontext isoliert, dem Blick anderer zugänglich gemacht. Der spielerische Umgang mit der Differenz von Privatheit und Öffentlichkeit, die Anklänge an exibitionistische und voyeuristischen Wahrnehmungsattitüden – ähnliche Motive charakterisieren auch die Arbeit „Limitierte Entblößung“ – bestimmen dabei die Konzeption.
Details
Videobooth, cutting table, surveillance camera and monitor, 16 mm film 7'35"
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PLACE(S) OF EXHIBITION:
- École des árts Décoratifs, Strasbourg
PUBLICATION:
- LAB 5, Academy of Media Arts, 1998, published by KHM Cologne
- Aus Cologne, 1997, published by École des artes decoratif, Strassbourg
- Achim Mohné, Arbeiten 1996-98, published by KHM Cologne